Die drei ??? - Ein rätselhafter Auftrag

(Eine ??? Kurzgeschichte von Nepomuk)

Schwer atmend stellte Justus Jonas die Kiste voller Spielzeugautos auf den Boden und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Auf dem Schrottplatz herrschte eine drückende Hitze, die auch schon ohne körperliche Arbeit unangenehm genug gewesen wäre. Unauffällig warf der Erste Detektiv einen Blick auf seine Armbanduhr. Viertel nach Vier. Noch eine dreiviertel Stunde. Ächzend bückte er sich wieder nach dem Karton und suchte dabei unbemerkt den Schrottplatz ab. Doch abgesehen von seinem Onkel Titus Jonas, der mit einem Kunden in ein Gespräch über Schallplatten vertieft war, konnte er nichts entdecken.

Bob Andrews sah von seiner Arbeit auf, als sich Schritte näherten. Eine ältere Dame mit breitem Sonnenhut kam auf ihn zu, ihr helles Sommerkleid flatterte leicht.

„Entschuldigung?“

Der für Recherchen und Archiv zuständige dritte Detektiv musterte sie mit geübtem Blick. Er konnte nichts Auffälliges an ihr feststellen. „Was kann ich für Sie tun, Madam?“, erkundigte er sich höflich.

„Ich suche nach Blumentöpfen mit buntem Muster“, sagte die Frau. „Führen Sie so etwas?“

„Blumentöpfe? Aber sicher.“ Bob erhob sich von seinem Klappstuhl im Schatten eines der Lagerschuppen und lächelte die Kundin an. „Kommen Sie mit.“

Als er sie bei den Blumentöpfen abgeliefert hatte und wieder auf seinem Stuhl vor dem zu sortierenden Kleinkram saß, sah er kurz auf die Uhr. Noch fünfundzwanzig Minuten.

Peter Shaw schleppte zwei etwas mitgenommen aussehende Holzstühle über den Schrottplatz, stellte sie neben Justus ab und ließ sich auf den mit dem weniger fleckigen Bezug fallen. Der Stuhl gab ein leises Knarren von sich.

„Stabilitätstest bestanden, kommentierte der Erste Detektiv grinsend, bevor auch er sich setzte. „Himmel, ist das heute anstrengend.“

„Deine Tante hat wirklich das Zeug zur Sklaventreiberin“, stimmte der Zweite Detektiv zu und blickte auf seine Uhr. Sechzehn Uhr dreiundfünfzig. „Hoffentlich war das hier nicht umsonst und unser mysteriöser Briefeschreiber lässt sich überhaupt noch blicken.“

„Er hat noch sieben Minuten“, meinte Justus, während er seinen Blick zum wiederholten Male über den Schrottplatz wandern ließ. „Möglicherweise ist ihm auch etwas dazwischen gekommen.“

Er zog den Zettel, den sie gestern erhalten hatten, aus seiner Hosentasche.

TFZEQFD! YOXRZEB BROB EFICB!

PZEOLQQMIXQW Q. GLKXP

JLODBK KXZEJFQQXD WTFPZEBK AOBF RKA CRBKC REO

Wenn man das Alphabet um vier Stellen nach rechts verschob, so dass das A dem X entsprach, stand dort:

WICHTIG! BRAUCHE EURE HILFE!

SCHROTTPLATZ T. JONAS

MORGEN NACHMITTAG ZWISCHEN DREI UND FUENF UHR

Eine einfache Caesar-Verschlüsselung, die sie nicht sonderlich lange aufgehalten hatte.

Peter seufzte und stand wieder von seinem Stuhl auf. „Da kommt deine Tante, Just. Besser wir machen weiter, bevor sie auf die Idee kommt uns sei langweilig.“

Der Erste Detektiv nickte und ließ den Zettel wieder in seiner Hosentasche verschwinden.

„Das sieht ja schon richtig gut aus.“ Mathilda Jonas betrachtete den Schrottplatz zufrieden, bevor sie sich an ihren Neffen wandte. „Bei mir wurde gerade wiedermal etwas für euch abgegeben.“ Sie drückte Justus ein zusammengefaltetes Stück Papier in die Hand auf das mit schwarzem Filzstift drei Fragezeichen gemalt waren. „Jagt ihr etwa schon wieder hinter einem Schwerverbrecher hinterher?“

„Nein, Tante Mathilda. Es ist wirklich ganz harmlos“, versicherte ihr Justus und faltete den Zettel aus einander. Wieder befanden sich darauf einige scheinbar sinnlose Buchstabenkombinationen.

„Na, wenn du das sagst.“ Wenig überzeugt ging Tante Mathilda zurück ins Wohnhaus der Familie Jonas.

Kaum war sie im Inneren verschwunden, machten sich Justus und Peter auf den Weg zu Bob. Über die neue Botschaft war die Arbeit auf dem Schrottplatz erst einmal vergessen.

„Ist es wieder der gleiche Code?“ Interessiert beugte sich der dritte Detektiv über den Zettel und musterte die darauf gemalten Buchstaben.

XRC ABO SBOXKAX

„Wenn diese Nachricht den selben Absender hat, wie die vorherige, können wir davon ausgehen“, befand Justus und nahm einen Bleistift aus der Kiste, deren Inhalt Bob sortieren sollte. Es dauerte nicht lange bis sie die Botschaft übersetzt hatten.

AUF DER VERANDA

„Klingt als wolle sich unser Unbekannter doch noch mit uns treffen“, meinte Peter.

Der Erste Detektiv blickte nachdenklich auf den Zettel und zupfte an seiner Unterlippe. „Ein seltsamer Treffpunkt, wenn ihr mich fragt. Insbesondere für jemanden, der offenkundig sehr darum bemüht ist seine Identität geheim zu halten.“

„Du glaubst, es ist eine Falle?“ Peter sah Justus strinrunzelnd an. „Aber wer würde dafür eure Veranda als Ort aussuchen?“

„Mmh.“ Justus hatte das Gefühl, dass ihm die Lösung beinahe ins Gesicht sprang, doch er konnte sie noch nicht ganz fassen. Also beließ er es für den Moment dabei. „Also, Kollegen. Dann sehen wir mal nach, was unser Unbekannter von uns möchte.“

Als sie sich dem Wohnhaus der Familie Jonas näherten, war niemand auf der Veranda zu entdecken. Nur eine große Pappschachtel stand auf dem gedeckten Tisch, auf ihren Deckel waren drei Fragezeichen gemalt. Die drei Detektive wechselten einen kurzen Blick, dann hob Justus den Deckel. Überrascht starrten sie den Inhalt des Kartons an. Ein frisch gebackener Kirschkuchen verströmte darin seinen verlockenden Duft. Kopfschüttelnd drehte Justus den Deckel um, so dass die Worte darin sichtbar wurden.

DRQBK XMMBQFQ

„Und wozu das alles?“ Peter bohrte seine Gabel in das Kuchenstück auf seinem Teller.

Tante Mathilda grinste. „Ich kenne euch doch. Kaum findet ihr ein Rätsel, seid ihr nicht mehr zu halten. Also dachte ich mir, das könnte ich auch zu meinem Vorteil nutzen.“

„Sehr schlau, in der Tat. Dadurch, dass das Treffen mit dem Unbekannten irgendwann in einem relativ langen Zeitraum hier auf dem Schrottplatz stattfinden sollte, konntest du sicher sein, dass wir die Arbeit, die du für uns vorgesehen hattest, freiwillig erledigen würden, um vollkommen unauffällig auf unseren vermeintlichen Klienten zu warten.“ Justus nahm sich ein weiteres Stück Kuchen.

„Alle Achtung, Mrs Jonas“, stimmte Bob beeindruckt zu. „Sie haben sogar Justus getäuscht. Ihre Handschrift hat er nicht erkannt.“

„Es waren Großbuchstaben und sie hat sich Mühe gegeben Ihre Schrift zu verstellen“, verteidigte sich Justus undeutlich um einen Bissen Kirschkuchen herum.

„Dabei haben Sie nicht einmal gelogen, was den Inhalt der Zettel angeht“, sagte Bob.

Tante Mathilda nickte. „Damit wäre bewiesen, dass ihr euch zu viel mit Verbrechen beschäftigt. Egal, wie harmlos eine Nachricht ist, ihr seht immer die Spur eines Kriminalfalls dahinter.“

„Möglich.“ Justus hatte inzwischen herunter geschluckt. „Aber nochmal täuschst du uns nicht so leicht, Tante. Wir wissen jetzt, dass du zu mehr fähig bist, als nur den besten Kirschkuchen der Welt zu backen.“

„Wir werden sehen ...“ Zwinkernd verschwand Justus' Tante im Haus.

ENDE

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